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Dissertation Gerd Däumel 1960, erschienen als Buch 1961 im Verlag Hch. Debus - Geisenheim/Rheingau
Über die Landesverschönerung

Seit die Gartenkunst ihre Vorbilder in der Natur suchte und der Landschaftsgarten die Herrschaft der geometrischen Gärten ablöste, beschäftigten sich in einer Art Umkehrung der Blickrichtung von der idealen Landschaft im Garten nun zurück zur wilden oder gebändigten Natur und im Bemühen, diese dem Idealbild der Gartenlandschaft anzugleichen, die Gartenfachleute häufig mit Fragen der Landespflege. Das Bindeglied zwischen Gartenkunst und Landespflege ist die Landesverschönerung, eine Bewegung, die zu Anfang des 19. Jahrhunderts in Deutschland weite Verbreitung und Anerkennung fand. Seit jener Zeit ist eine in der Intensität manchmal schwankende, aber ständig vorhandene Beschäftigung mit den Fragen der Landespflege durch gärtnerische Fachleute, Bauleute und interessierte Laien fortlaufend festzustellen.

In letzter Zeit scheint es nun üblich geworden zu sein, die Landespflege als einen Teil des Naturschutzes anzusehen und daher auch mit der Entstehung des Naturschutzes die sehr viel ältere Landespflege erst mit dem Anfang unseres Jahrhunderts beginnen zu lassen. Die so schätzenswerte Tätigkeit der Begründer des Naturschutzes, die wohl gewiß hohen Sinn für die Aufgabe der Landespflege hatten, darf nicht dazu führen, daß in einer rückblickenden Betrachtung eine große, bedeutungsvolle Entwicklung „Die Auffassung des Lebensraumes eines Volkes als eines einheitlich zu planenden Gesamtkunstwerkes” (105, S.sl) verschwiegen; wird. Sie „...war einer der größten europäischen' Gedanken, den die Menschheit des 19. Jahrhunderts zu fassen vermochte.”

In seiner früheren Zeit diente der Naturschutz vorwiegend der Erhaltung und dem Schutz gefährdeter Tiere, Pflanzen und Landschaftsteile. Seine Arbeitsrichtung war auf ausgesprochen konservierende Tätigkeit abgestellt. Dadurch konnte die auf den bewußten Aufbau der Kulturlandschaft gerichtete Landespflege, deren Hauptaufgabe die Gestaltung einer harmonischen, gesunden und liebenswerten Umgebung des Menschen war und ist, keinesfalls im Naturschutz aufgehen. Der Naturschutz wollte Vorhandenes schützen und erhalten, die Landespflege Neues planen, schaffen und pflegen. Naturschutz und Landespflege decken sich also keineswegs, sie sind im Gegenteil beide durchaus eigenständige Arbeitsrichtungen. Für die Landespflege steht die Neuschöpfung voran, die Erhaltung schutzwürdiger Landschaften, Pflanzen und Tiere rangiert dahinter erst an zweiter Stelle. Außerdem sind in der Landespflege, im Gegensatz zum Naturschutz, wesentliche wirtschaftliche Bindungen enthalten. Nicht gegen die Wirtschaft, sondern mit der Land- und Forstwirtschaft, mit der Technik, mit dem Wasser und Straßenbau sind die anstehenden Aufgaben zu lösen.

Durchaus folgerichtig beschreibt Schoenichen (251) die Anfänge des Naturschutzes. Nachdem er als dessen kulturgeschichtlichen Wurzelhorizont die deutschen Klassiker und Romantiker genannt und ausgiebig zitiert hat, schildert er die Pioniere des Baumschutzes des Vogelschutzes und der Naturschutzparks. In diesem Gesamtbild von der Entwicklungsgeschichte der Idee des Naturschutzes fehlen vollkommen die Vorläufer der Landespflege.

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