Diese Jahre des Aufbaus eines eigenen Betriebes (neben den seit langer Zeit vorhandenen Obst-, Garten- und Weinbaubetrieben) brachten viel Streit und Ärger. Auch mit den Bewohnern von Monrepos gab es Auseinandersetzungen. So beschwerte sich Glogau am 2.6.1925 beim Direktor über den französischen Delegierten Armand, dessen Frau und Besucher von den Staudenkulturen und Blütensträuchern wahllos große Sträuße abschnitten. Nach einem Telefongespräch mit Monsieur Armand ordnete Direktor Muth an, daß Glogau den Beamten der Besatzungsmacht regelmäßig mit Blumen seiner, Glogaus, Wahl zu versorgen habe, um weitere Schäden an den jungen Kulturen zu verhindern. Dieser bescheidene Vorgang, den sicher alle Beteiligten alsbald vergaßen, sollte später noch ein böses Nachspiel haben.
Von Anfang 1925 bis gegen Ende 1927 arbeitete Bernhardt Illhardt [61] als technischer Assistent in der Abteilung für Gartenkunst und Gartentechnik. Er war wesentlich mit den Aufbauarbeiten von Monrepos befaßt. Von Geisenheim ging er nach Aachen in das Büro des Gartenarchitekten Th. Ott [62] und gründete später mit Both [63] einen Betrieb für Garten- und Landschaftsbau in Duisburg. Sein Nachfolger in der Abteilung wurde Wilhelm Werner [64], der 1924/26 studiert hatte, dann in Dresden und Liegnitz bei verschiedenen Gartenbauausstellungen gearbeitet hatte und vom 1.10.1927 bis zum 15.4.1928 als technischer Assistent Glogaus wirkte. Werner ging anschließend in den Palmengarten nach Frankfurt, schließlich wurde er städtischer Gartenamtsleiter in Hindenburg/OS, und Gartendirektor in Elbing und lebt seit 1945 als Gartenarchitekt in Wiesbaden. Einer seiner Nachfolger als technischer Assistent in der Abteilung war Georg Olbrich [65], der von 1930 bis 1935 dieses Amt wahrnahm. Olbrich studierte erst nach langer Praxis, 32jährig, von 1928 bis 1930 und legte 1933 seine 2. staatliche Fachprüfung ab. Danach bewarb er sich, unterstützt von Glogau, um eine Fachlehrerstelle an der Höheren Staatslehranstalt für Gartenbau in Pillnitz. Die vor dem Abschluß stehenden Verhandlungen brach er kurzfristig ab, als Glogau 1933 durch Aktionen der NSDAP und anderer aus seiner Stellung verdrängt wurde. Der erste Denunziant hatte es eilig: Bereits am 31.3.1933 ging bei der Ortsgruppe Geisenheim der NSDAP ein als "vertraulich" deklariertes Schriftstück ein, in dem, unter Bezug auf eine vorher stattgefundene Unterredung "... die Entfernung des Herrn Glogau von der Lehranstalt nicht nur vom nationalen Standpunkt aus begrüßenswert, sondern auch im allgemeinen sonstigen Interesse läge" [66]. Als Gründe nannte der Verfasser, bei dem es sich um einen ehemaligen Bewohner des Hauses Monrepos handelte "... das gute Einvernehmen, das zwischen Herrn Glogau und dem französischen Delegierten, der bekanntlich längere Zeit in dem westlichen Flügel von Monrepos wohnte, bestanden hat. Es war fernerhin selbstverständlich, daß der französische Kommandant regelmäßig aus dem Garten von Monrepos Blumen ins Haus geschickt bekam, was mir in 10 Jahren noch kein einziges Mal passiert ist."
Nach diesem schwerwiegenden Anklagepunkt (in einem Zusatz des Ortsgruppenleiters, der vorwiegend einer Vorstellung des Denunzianten diente, wird dieser gravierende Vorgang des Blumenschenkens als eine Angelegentlich bezeichnet, die "sehr leicht an Landesverrat grenze") bringt das Elaborat lediglich noch den allgemeinen Hinweis, daß sich Glogau "des öfteren in recht abfälliger Weise über die nationalsozialistische Bewegung ausgesprochen" habe.
Nach einem halben Jahr scheinbarer Ruhe begann dann im September 1933 ein wesentlich ernsthafter vorbereiteter und organisierter Angriff auf Glogau, zu dem Studenten des ersten Semesters, ein ehemaliger Schüler Glogaus, unfreiwillig aber auch dieser selbst Material geliefert hatten. Als treibende Kraft trat dabei der "Ehemalge" in Erscheinung, der sich in der 2. staatl. Prüfung von Glogau schlecht beurteilt glaubte, nun Material gegen diesen sammelte und als Ortsgruppenleiter die verschiedenen Angriffe koordinierte. In einem Schreiben der Beamtenabteilung der NSDAP vom 15.9.1933 an die Anstalt werden die neu gesammelten Vorwürfe vorgetragen: Glogau "soll Judenabkömmling sein. Er bekämpft die Nationalsozialisten mehr verdeckt. Bei einer Besprechung über den Deutschen Gruß äußerte er sich zu Nationalsozialisten in ironischer und abfälliger Weise: "wer zuletzt lacht, lacht am besten; jetzt habt ihr ja die Macht, beim Examen habe ich sie" [67]. Außerdem habe er gemeine Redensarten über Adolf Hitler geführt. Die Entfernung Glogaus aus dem Dienst nach § 4 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums wurde gefordert.
In einem erneuten Schreiben, diesmal von der Gauleitung der NSDAP [70], vom 22.9.1933 wurde der Vorwurf hinsichtlich des Deutschen Grußes in vollem Umfange aufrechterhalten. Glogaus arische Abstammung wurde weiterhin angezweifelt: "Sein ganzes Wesen und Händeln ist typisch jüdisch." Muth wurde als Zeuge herangezogen, da er erklärt habe, daß Glogau mit sozialdemokratischen Abgeordneten zusammenarbeite. Aus den Armand'schen Blumengrüßen sind inzwischen "freundschaftliche Beziehungen zu dem französischen Kreisdelegierten in schwersten deutschen Schicksalstagen" geworden. Neu erscheint der Vorwurf, daß Glogau zu einer Freimaurerloge gehöre. Daraus hatte Glogau allerdings nie einen Hehl gemacht und es ist erstaunlich, daß dieser Trumpf erst so spät ausgespielt wurde: "Die NSDAP Ortsgruppe Geisenheim bittet einen grundlegenden Wandel zu schaffen, denn letzten Endes handelt es sich um die Entfernung von Jugenderziehern, welche imstande sind, durch Verächtlichmachung unserer Idee der Jugend den Weg in das dritte Reich zu verbauen oder zum mindesten zu verbittern" [71]. Inzwischen hatte Glogau alle notwendigen Papiere mit Hilfe seines Bruders zusammengebracht und konnte nachweisen, daß seine Vorfahren seit etwa 300 Jahren evangelische Geistliche und später Handwerker in Litauen, Memelland und Ostpreußen waren. In seinem Bericht vom 25.9.1933 an das Ministerium korrigierte Direktor Muth die Behauptung über die Zugehörigkeit zur SPD und übernahm die Verantwortung für die Blumenlieferungen an den französischen Delegierten, entlastete Glogau also von diesem Verdacht. Schließlich endet seine Verteidigungsschrift: "Gartenbauoberlehrer Glogau ist ein außerordentlich fleißiger Beamter und ein guter Lehrer und ich bezweifle sehr, ob ihn alle ehemaligen und aktiven Hörer als solchen ablehnen." Dann fährt er fort, und es ist schwer zu entscheiden, ob er des Streitens müde war, ob er Glogau aus der Schußlinie nehmen wollte oder ob er mit dem folgenden Antrag einer Einwirkung von außen folgte: "Mit Bezugnahme auf den letzten Absatz der Ortsgruppenleitung Geisenheim und mit Rücksicht auf die Angaben von ... (Namen der Studenten, die das Protokoll gegen Glogau unterzeichnet hatten) .... und auf den letzten Absatz des Schreibens der Gauleitung beantrage ich die Pensionierung des GOL Glogau" [72].
Inzwischen hatten die Studenten nachgestoßen: Unter Leitung eines SA-Truppführers weigerten sie sich, weiter an dem Unterricht Glogaus teilzunehmen: "... da dessen politische Einstellung ihn nicht als Garanten der nationalsozialistischen Ideenwelt erscheinen läßt". Immerhin unterschrieben diesen, Antrag, nach entsprechender Einübung, 23 Hörer und eine Hörerin. Am 5.10. begann der Vorlesungsboykott, und der Direktor beauftragte Gartenbauinspektor Olbrich, die Stunden Glogaus zu übernehmen. Als die Hörer dann Glogau auf dem Anstaltsgelände nicht mehr grüßten, bat er am 27.10.1933 um Beurlaubung für einige Zeit.
Unter dem Datum vom 11.11.1933 wurde ihm schließlich ein Erlaß des preußischen Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten zugestellt, in dem es heißt: "Auf Grund des § 6 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7.4.1933 ... versetze ich Sie hiermit im Interesse des Dienstes zum 1.3.1934 in den dauernden Ruhestand" [73]. Zum Zeitpunkt seiner Verdrängung aus dem Amt war er 59 Jahre alt. Er zog sich nach Weinheim a. d. Bergstraße zurück und beobachtete von dort die Vorgänge, in der Welt und in Geisenheim, bis er nach 1945 für die Lehr- und Forschungsanstalt noch einmal tätig werden konnte. Auch Direktor Muth, der am 26. März 65 Jahre alt geworden war, ging in Pension. Sein Nachfolger, C. F. Rudloff, stand ganz auf der Höhe der neuen Zeit, als er in einem Vortrag anläßlich der Einführung in sein neues Amt am 10.4.1935 versicherte: "Die Geisenheimer Anstalt soll, das ist mein unerschütterlicher Wille, eine unangreifbare Zelle, im Nationalsozialistischen Staat werden" [74].