Als Hauptargument für den Bau von Radwegen galt bisher die größere Sicherheit für Radfahrer. Nicht nur von den Radfahrerorganisationen wird dies angezweifelt. Wie eine Analyse der Unfälle mit Radfahrerbeteiligung der TU München ergab, "gibt es keine wesentlichen Unterschiede in den Unfallfolgen auf Straßen mit und ohne Radweg. Typische Unfallstellen sind Kreuzungen, Grundstückszufahrten und Einmündungen - rund zwei Drittel der Münchner Unfälle waren hier zu verzeichnen. (...) Während sich durch die Anlage von Radwegen die Zahl einiger charakteristischer Streckenunfälle reduzieren läßt (Überholen, Auffahren), nimmt die Häufigkeit der Unfälle im Knotenpunktsbereich (Kreuzen des Gegners) deutlich zu." [3]
Eine solche Untersuchung gab es in Berlin bisher nicht. [19] Unberücksichtigt bleiben bei allen Statistiken neben vielen leichten Unfällen die 'Beinahe-Unfälle'. Beispielsweise wenn ein Kraftfahrer beim rechts Abbiegen den 'Radfahrerblick' vergißt: Ein Zusammenstoß wird nur dadurch verhindert, daß der Radfahrer scharf bremst und auf seine Vorfahrt verzichtet. Ähnlich verhält es sich bei aus Seitenstraßen kommenden Kraftfahrzeuge, die über die Radwegfurt bis zur Sichtlinie der eigentlichen Straße vorfahren. Da der einzige Schutz des Radfahrers vorausschauendes Fahren ist, führen viele Konflikte nicht zu Unfällen. Eine vernünftige Radverkehrsplanung kann jedoch nicht davon ausgehen, daß Radfahrer in diesen Konfliktbereichen auf ihre Vorfahrt verzichten.
Fahrräder haben schmale Reifen und keine Federung. Daher sind Radfahrer in besonderem Maße auf einen guten Fahrbahnbelag angewiesen. Wegen der häufig notwendigen Aufgrabungen auf Grund der Versorgungsleitungen wird in der Regel anstatt Asphalt Betonverbundstein-Pflaster verwendet. [2] Die Fugen verursachen insbesondere bei Rennrädern starke Vibrationen. Ungenügender Unterbau führt nach einigen Jahren zu Bodenwellen, die die Wirbelsäule der Radfahrer stark belasten.
Zu einem guten Fahrkomfort gehört auch die Möglichkeit, sich mit wenig Kraftaufwand fortzubewegen. Bei gleichförmiger Bewegung (d.h. konstante Geschwindigkeit) ist der Energieaufwand am geringsten. Es müssen nur der Rollwiderstand des Rades und der Luftwiderstand überwunden werden. Die auf den Autoverkehr eingestellten 'Grünen Wellen' der Ampelanlagen zwingen Radfahrer an fast jeder Kreuzung zum Halten ('Rote Welle'). Dies tritt besonders dann auf, wenn die Grünphase für den Radverkehr kürzer als die für den Kfz-Verkehr ist (kleine Zusatzampeln). Steile Verschwenkungen des Radweges, wie sie beispielsweise vor und hinter Schrägparkhäfen angelegt wurden, zwingen ebenfalls zum Bremsen und Beschleunigen.
§41 StVO besagt, daß Radfahrer einen vorhandenen Radweg benutzen müssen. Dennoch sind immer wieder Radfahrer zu beobachten, die trotz parallelem Radweg die Fahrbahn benutzen. Es handelt sich in der Regel um Leute, die längere Strecken zurücklegen und entsprechend zügig fahren wollen ('Alltagsradler'). Sie fühlen sich durch die Radwegbenutzungspflicht nicht nur in ihrer Mobilität eingeschränkt, sondern in Anbetracht der genannten Unfallproblematik im Kreuzungsbereich zusätzlich gefährdet.
Zwar wurden einige Radwege zu Lasten der Fahrbahn angelegt, doch sollte in Geschäfts- und Hauptverkehrsstraßen weder auf Fahrbahnfläche, noch auf Stellplätze verzichtet werden, so daß dort weiterhin der Bürgersteig für die Anlage der Radwege herhalten mußte. Radwege ohne die genannten Mängel entstanden so nur an Stellen, wo mehr Fläche vorhanden war, als für den Kfz-Verkehr benötigt wurde. Das ist in aller Regel nur in wenig befahrenen Nebenstraßen der Fall. Dort wäre in vielen Fällen die Verlangsamung des Kfz-Verkehrs das geeignetere Mittel zur Verbesserung der Situation für Radfahrer gewesen. Die zur Netz-Schließung gedachten Radwege in Nebenstraßen, wo aus Platzgründen der Gehweg zur Anlage des Radweges benutzt wurde, stellen eine Verschlechterung der Situation dar.
Mittlerweile wurde von einigen dieser Pläne abgesehen und auf Radwege verzichtet (Luckauer Straße, Waldemarstraße). Auch werden die Verschwenkungen der Radwege nicht mehr so steil ausgeführt und mehr auf die Breite der Radwege geachtet. Auf den Bord zwischen Radweg und Fußweg wird jetzt ebenfalls verzichtet. Eine bessere optische Trennung wurde damit nicht erreicht, die Gefahr eines Sturzes der Radfahrer bei Ausweichmanövern ist dagegen erheblich. An Engstellen des Kfz-Verkehrs, wo gute Radwege tatsächlich einen Sicherheitsgewinn bringen könnten, werden nach wie vor nur unzureichende oder gar keine Radwege angelegt.
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß ein solches Radwegenetz eine Behinderung und Benachteiligung schnellen Fahrradverkehrs darstellt und sich somit der Fahrradnutzung für weitere Strecken in den Weg stellt. [13] Bei kurzen Strecken dagegen (z.B. zum Einkaufen) spielen die Behinderungen eine kleinere Rolle. Insbesondere langsame und unsichere Radfahrer fühlen sich auf den Radwegen wesentlich sicherer, so daß die Bereitschaft zur Nutzung des Fahrrades wächst.