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Richard Müller / Wolfram Däumel, Broschüre der Internationalen Bauausstellung Berlin 1987 - Teil 1
Fahrradverkehr in der Südlichen Friedrichstadt
Fahr­rad­route Wittenbergplatz - Insbrucker Platz
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Fehler der Fahr­rad­route Wittenbergplatz-Innsbrucker Platz: Auf dem Bürgersteig markierter Radweg um den Bayerischen Platz. Besonders gefährlich ist dabei die unklare Vorfahrtsregelung an den Y-förmigen Einmündungen.

Auch in Berlin gibt es eine Fahrradroute, die allerdings bei den Planern von Rad­wege­netzen kaum Beach­tung fand.
Bereits 1978 forderten die Grünen Radler Schöne­berg die Ein­richtung von Fahr­rad­routen. Sie legten detail­lierte Planungen für eine Ost-West-Verbindung Kreuz­berg - Grune­wald über Crelle­straße und Belziger Straße, sowie eine Nord-Süd-Verbindung Friedenau - Tiergarten über Ebers­straße, Crelle­straße und Manstein­straße vor. Diese Vorschläge wurden von der Bezirks­verordneten­versam­mlung positiv aufge­nommen. In der Ende 1979 vorge­stellten Radwege­planung des Tief­bauamtes Schöneberg wurden dann auch zwei Fahrrad­straßen­trassen vorge­sehen. Verwirk­licht wurde dann aber nur die Fahr­rad­route Witten­berg­platz - Inns­brucker Platz im Sommer 1980. Leider wurden die Grünen Radler bei der Planung nicht beteiligt. So weist die Route einige erheb­liche Mängel auf, die trotz massiver Kritik bis heute nicht behoben wurden:

  • Die Route endet am Wittenbergplatz und am Innsbrucker Platz in Sackgassen. Insbesondere der südliche Endpunkt am Innsbrucker Platz ergibt ohne die Möglichkeit, weiterfahren zu können, keinen Sinn. Aber auch am nördlichen Endpunkt, dem Wittenbergplatz, der Ziel vieler Radfahrer ist, muß eine Überquerungsmöglichkeit des Platzes geschaffen werden.
  • An einigen Kreuzungen suggerieren parallel der Route markierte Leitlinien Vorfahrt, obwohl dort 'rechts vor links' gilt.
  • Die Führung des Radverkehrs am Bayerischen Platz auf Bürgersteig-Radwegen führt eher zu einer zusätzlichen Gefährdung der Radfahrer, als daß ein Sicherheitsgewinn zu verzeichnen wäre.
  • Dies gilt auch für den sehr schmalen Radweg in der Ansbacher Straße.
  • Es fehlt eine Geschwindigkeitsbeschränkung für den Kraftfahrzeugverkehr.
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Positives Beispiel dieser Fahr­rad­route: Durch Schließen der Landshuter Straße an der Kreuzung Hohenstaufenstraße mit Durchfahrmöglichkeit für Radfahrer ist eine Verringerung des Autoverkehrs auf den Anliegerverkehr erreicht worden.

Es wurden aber auch eine Reihe wichtiger Kriterien für eine gute Rad­ver­kehrs­führung berück­sichtigt:

  • Die Route verläuft durch ruhige Nebenstraßen, die nicht durchgehend von Kraft­fahr­zeugen befahren werden können.
  • Eine Wegweisung für Radfahrer ist vorhanden.
  • Die für Kraft­fahr­zeuge gesperrte Oberquerung des Volksparks Wilmersdorf erfolgt mit einem 4 m breiten ZweiRichtungs-Radweg.
  • Ein 2 m breiter kurzer Radfahr­streifen in der Innsbrucker Straße gewährleistet eine sichere Führung des Radverkehrs über die Kreuzung Badensche Straße.
  • Die Landshuter Straße wurde im nördlichen Teil zur Sackgasse mit Durchfahrmöglichkeit für Radfahrer ausgebaut.

Es ist sehr bedauerlich, daß dieser Versuch, andere Wege in der Fahrradförderung zu gehen, von der Verwaltung nicht ausgewertet wurde. So hat sich diese Fahr­rad­route trotz einer günstigen Ausgangssituation nicht zu einem Musterbeispiel entwickelt. Die zum Teil gravierenden Fehler müssen bei zukünftigen Planungen vermieden werden und sollten bei der vorhandenen Route nun endlich korrigiert werden. Die Maßnahmen, die sich als förderlich für die Sicherheit und Bequemlichkeit des Radverkehrs erwiesen haben, müssen herausgearbeitet werden und sollten richtungsweisend für heutige Planungen sein.

Politische Anträge im Abgeordnetenhaus von Berlin

Im Sommer 1985 wurden von der SPD und kurz danach von der AL Anträge zum Thema Radverkehrsnetz eingebracht.
Nach dem Antrag der SPD sollte der Senat aufgefordert werden, ein bezirksübergreifendes Radverkehrsnetz für Berlin zu konzipieren, der Fachöffentlichkeit vorzustellen und mit ihr zu erörtern. Mit den eingearbeiteten Ergebnissen dieser Diskussion sollte das Konzept dann in Abstimmung mit den Bezirken bis Ende der Legislaturperiode vom Senat umgesetzt werden. In der Begründung wird auf die Problematik des herkömmlichen Radwegebaus hingewiesen und der Einrichtung von Fahr­rad­routen hohe Priorität eingeräumt. Diese Punkte sind in dem Antrag der AL ebenfalls enthalten. Der Senat sollte zusätzlich beauftragt werden, auf fünf Haupt­verkehrs­straßen Radfahr­streifen anzulegen, mindestens fünf überbezirkliche Fahr­rad­routen einzurichten und bei 20 vorhandenen Radwegen, auf denen es ein erhebliches Konfliktpotential zwischen Radlern und anderen Verkehrsteilnehmern gibt, die Radwegbenutzungspflicht dadurch aufzuheben, daß die Radwege als 'Fußweg, Radfahrer frei' ausgeschildert werden. Diese verschiedenen Arten von Radverkehrsanlagen sollten ein Jahr lang von unabhängigen Gutachtern auf Sicherheit, Akzeptanz, Geschwindigkeit und Fahrkomfort untersucht werden. Der Bau von Radwegen in der bisherigen Form sollte bis zum Abschluß der Untersuchungen eingestellt werden.

In der Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Betriebe am 06.05.1986 wurden die Anträge in dieser Form von der CDU/FDP- Mehrheit abgelehnt und durch einen neuen Antrag ersetzt, dem auch die SPD zustimmte. Darin wird der Senat "gebeten, bis zum 01.03.1987 einen Bericht über die mögliche Anlage eines Fahrradverkehrsnetzes vorzulegen. Dabei sind eventuelle Zeitvorstellungen, Kosten und die Auswirkungen auf den übrigen Verkehr darzulegen." [1]

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